1 Dec 2009

Fußnote zur Fußnote 40. 2.) Iffezheim


The steel cupola of the French Maginot Line on the western embankment of the Rhine about 500 meters south of the Wintersdorf Bridge (L78b road), the northern of the two bridges at Iffezheim.
Photo: Michael Pfahler © All rights reserved.


Auwaldhütte, 28. März 1940

“Seit zwei Tagen hause ich in meinem neuen Gefechtsstand, einer Holzhütte inmitten des lichten Auwaldgürtels, der den Rhein und die verschlungenen Altwasserarme vor Iffenzheim umschliesst. Erhöte Stege führen zu den Kampfbunkern am Flussufer.”

Auwaldhütte, 14. April 1940

“Am frühen Morgen weckten mich die Maschinengewehre vom Panzerwerk 'Roter Rhein' – das neue in der oberen Scharte des Panzerturmes und das überschwere, das unseren rechten Flügel flankiert. Ich rief Erichson an und gab ihm Feuerbefehl. Dann fuhr ich, nachdem ich mich hastig angezogen hatte, mit dem Rade durch den Auwald nach vorn.

Kurz vor dem Stand geriet ich in eine Garbe, die in die Pappelstämme klatschte, und suchte eilig den Verbindungsgraben auf. Spinelli, der bereits an Ort uns Stelle war und mit der Besatzung hinter der Betonwand des Bunkers stand, winkte mich richtig ein. Ich liess zwei schwere Gewehre auf die Scharten richten und teilte Scharfschützen ein. Dann ging ich, um noch einen guten Richtschützen zuzuziehen, zu Erichson, in dessen Kampfraum ich den Krankenträger fand. Er war damit beschäftigt, Erichson zu verbinden, der stark am Halse blutete, auch hatte er drei Schützen, die surch Splitter verletzt waren, mit Jod betupft. Sie waren alle benommen wie Fische, die plötzlich an die Luft gezogen sind.

Ich hörte, dass ein Schartentreffer mit lautem Knall und einem Feuerstrahl im Raum auseinandergeflogen war. Andere Geschosse hatten das Maschinengewehr am Lauf getroffen und das Zielfernrohr gekappt, das auf dem Tische lag. Zum Glück war auch Erichson nur leicht verletzt, so dass ich mich gleich wieder zu jenem Stande begeben konnte, der unser Brennpunkt ist.

Die Garbe strich noch durch den Wald, in dem mir der Verbindungsgraben zustatten kam. Freilich war er noch nicht durchlaufend ausgebaut, so dass es auch Stücke zu überspringen gab. Sehr gut die Kalkulation an Strecken, an denen es so über Deckung geht. Der Geist stellt immer eine scharfe Wahrscheinlichkeitsrechnung an, ehe der Körper springt.

Vor dem Stande hatte Spinelli schon alles aufgebaut. Ich ging noch einmal an das Scherenfernrohr und visierte die Scharte an, aus deren Schlitz ein neues und stärkeres Gewehr als jenes vor unserer letzten Räucherung hervorragte. Nachdem ich den Richtschützen eingeschärft hatte, dass es von ihnen abhänge, ob der Beschuss ernsthaft erwidert würde oder nicht, gab ich das Feuer frei. In diesem Augenblick strichen drüben, wie vor einer Zauberhandlung, zwei Elstern mit leuchtend weissem und erzgrünem Schimmer von den Bäumen über die Kuppel ab.

Dann hämmerten die Gewehre, und die glühenden Garben trafen sich im Schartengrund. Zuweilen griffen die Geschosse höher und schnitten den Pappeln, die im Innenhof des Werkes wachsen, die Zweige ab, oder sie rutschten, und die Einschläge stäubten auf den Beton der Mauer und spritzten in den Rhein. Andere zupften an der Trikolore, die neben dem Turme weht.

Ich sah, wie drüben das Gewehr das Feuer sogleich erwiderte, doch hörte nach einer kurzen Spanne das Stossen der von einem leichten Dampf umspielten Mündung auf. Ich hatte das vorausgesehen, denn das Dauerfeuer hält die Waffe gleich einer Zange fest, da die Bedienung nicht wagt, die währenddessen zurückzuziehen. So schlägt man sie mühelos entzwei.
Nach diesem Zwischenspiel ging ich zum Frühstück und war dann, wie jeden Sonntag, in Iffenzheim bei Dr. Eiermann, zu Hecht und Moselwein. Der Morgen war rein, klar, frisch in den Farben; auch kehrt im Feuer das Bewustsein, das sich doch stets in Teilen ausserhalb befindet, als aufmerksamer Wächter in den Körper zurück. Man fordert in der Krisis die Aussenstände ein.

Am Abend erfuhr ich, dass der pfenniggrosse Splitter, der Erichson getroffen hat, tief eingedrungen ist. Verletzungen am Hals sind immer peinlich, da sich durch diesen Teil die Lebensbahnen wie durch einen Isthmus ziehen.

Bei den Scharmützeln fühlt man sich hinter den Gewehren in der offenen Feuerstellung wohler als in den Bunkern am Feuerstand. Die winzigen Schlitze und Scharten, durch die das Auge des Verteidigers aus den festen Werken auf das Gelände späht, gleichen Magneten, die die Feuermassen des weiten Raumes auf sich ziehen. Auf diese Weise gerät die Mannschaft, wie in den Taucherglocken der Tiefsee, unter Überdruck. Die Werke sind Mammute des Widerstandes, aber vielleicht gerade deshalb vom Aussterben bedroht, weil der Gedanke der Verteidigung so rein in ihnen zum Ausdruck kommt."


Diary notes from the Westwall at Iffezheim, the Spring 1940.
Quotes from Ernst Jünger,
Strahlungen (Gärten und Strassen. Aus den Tagebüchern von 1939 und 1940),
published on the Internet at strahlungen2010.blogspot.com



Locating the fortifikations where Ernst Jünger was in the Iffezheim area is somewhat problematic as the riverbed of the Rhine has changed since the war. It is however more straightforward to find the French steel cupola "Roter Rhein". According to Boris Traub in Iffezheim there is only one such construction in the area at the French side of the river.


Location of a steel cupola (see picture above) of the French Maginot Line opposite Ernst Jünger at Iffezheim 1940, at point 119 on the French IGN map, close to a small marina.



Bunker at the German side of the Rhine, about 500 meters south of the Wintersdorf bridge, opposite the French steel cupola.
Photo: Michael Pfahler © All rights reserved.



Bunker at the German side of the Rhine, about 500 meters south of the Wintersdorf bridge, opposite the French steel cupola.

Photo: Michael Pfahler © All rights reserved.


Thanks for all help Michael Pfahler!